Miteinander

Mitgliederrundbrief der AVG Indienpartnerschaft 2025

Rückblicke und Ausblicke auf die aktuellen Projekte der AVG Indienpartnerschaft

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An alle Mitglieder, Freunde und Unterstützende der Indienpartnerschaft des Auguste-Viktoria-Gymnasiums Trier

Liebe Mitglieder und Freunde,

der Vorstand der Indienpartnerschaft des Auguste-Viktoria-Gymnasiums Trier wünscht Ihnen allen ein gesundes und glückliches Jahr 2025. Wir möchten uns bei Ihnen in diesem Brief aber auch für Ihre Unterstützung im Jahre 2024 bedanken.

Die Nichtregierungsorganisation People’s Multipurpose Development Society, kurz PMD, wurde 1975 gegründet, um den Dalits, den Kastenlosen oder Unberührbaren, eine Stimme zu geben. Seitdem bemühen sie sich um die Verbesserung der Lebensumstände der bitterarmen, benachteiligten Bevölkerung im ländlichen Indien. 50 Jahre PMD – eine Wegmarke, zu der wir ganz herzlich gratulieren wollen.

Die PMD wurde zu einer Zeit gegründet, als Indira Gandhi, die Tochter von Jawaharlal Nehru, dem ersten Ministerpräsidenten Indiens und Weggefährten von Mahatma Gandhi, das Land mit eiserner Faust regierte. Erschüttert von verschiedenen Skandalen schränkte sie die Bürgerrechte stark ein und die zentral gelenkte Volkswirtschaft förderte Korruption und Vetternwirtschaft. Trotz vereinzelter staatlicher Förderprogramme und Hilfsmaßnahmen litt vor allem die ländliche Bevölkerung unter starker Armut und extremer gesellschaftlicher Benachteiligung. Die einfache Subsistenzwirtschaft reichte kaum zum Überleben und Religion und gesellschaftliche Tradition hielten die Menschen in ihrer Zwangslage gefangen. Erst der Mut und die unermüdliche Tatkraft der Gründer der PMD gab den Benachteiligten eine Stimme, sich für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung ihrer Dörfer einzusetzen.

Seit Indira Gandhi hat sich natürlich viel verändert in Indien. Die Wirtschaft wurde zunehmend dereguliert und privatisiert und die Integration Indiens in die Weltwirtschaft führte zu einem beschleunigten Fortschritt mit hohen Wachstumsraten. Davon profitiert heute eine immer größer werdende Mittelschicht vor allem in den urbanen Regionen. Behindert wird das Wachstum jedoch durch die fehlende oder vielfach veraltete Infrastruktur, was die ländlichen Gebiete immer weiter an den Rand drängt. Die zunehmend ungleiche Einkommensverteilung, die hohe Arbeitslosigkeit und die immer noch vorhandene große Armut führen zu verstärkten Konfliktpotentialen, die sich in jüngster Vergangenheit populistische, national-religiöse Strömungen und Parteien zunutze machen.
Gegen diese Entwicklungen kämpft die PMD nun schon seit 50 Jahren, und seit über 20 Jahren unterstützt die Indienpartnerschaft des AVG sie in ihrem Bemühen gegen Benachteiligung, Ungleichheit und Armut, finanziell maßgeblich gefördert vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). In den ersten Dreijahresprojekten wurde der Fokus vor allem auf die Entwicklung der Infrastruktur gelegt. Es wurden Schulen gebaut, Brunnen errichtet, die Gesundheitsversorgung verbessert, sanitäre Anlagen errichtet und Beschäftigungsmöglichkeiten für die Menschen vor Ort geschaffen. Im Laufe der Zeit verschob sich der Schwerpunkt der Förderung jedoch hin zu einer Verbesserung der Lebens- und Erwerbsmöglichkeiten, um den Menschen eine auskömmliche Existenz auf dem Land zu gewährleisten. Mit der Förderung von Kleinstunternehmen, der Bereitstellung von Milchkühen und der Entwicklung einer gemeinschaftlichen Milchwirtschaft, den Schulungen zur Verbesserung der landwirtschaftlichen Tätigkeiten hin zu einer nachhaltigen und ökologischen Lebensmittelerzeugung, der Aufwertung des ländlichen Umfelds durch Wiederaufforstungsmaßnahmen sowie der Stärkung der sozialen Strukturen durch Gründung von Kooperativen und Selbsthilfegruppen schafft es die PMD, die Menschen in den Dörfern zusammenzuführen, über alle Religionsgrenzen hinweg. Alle diese Projekte haben die Schülerinnen und Schüler des AVG anlässlich der Projekttage durch Spendensammelaktionen maßgeblich unterstützt. Das letzte offene Projekt wurde im Jahr 2024 abgeschlossen.

Die Berichte über die durchgeführten Maßnahmen zeigen, wie alle diese Ansätze zu einer nachhaltigeren Nutzung der Umwelt führen und zur Sicherung der Versorgung der Dorfbewohner beigetragen haben. So hat sich zum Beispiel die Nutzung von Kunstdünger in den letzten Jahren fast halbiert. Damit sinkt die Abhängigkeit der Bauern von den Konzernen und gleichzeitig wird die Bodengesundheit verbessert. In Zeiten des Klimawandels haben die Bauern mit extremeren Wetterereignissen zu rechnen. Ein besonders heftiger Taifun fegte gegen Jahresende über das Land und überschwemmte weite Landstriche. Mehr als 800 Menschen mussten aus ihren überfluteten Häusern gerettet werden, ganze Dörfer waren abgeschnitten und die Stromversorgung war unterbrochen. Als Soforthilfe haben wir 5000 Euro überwiesen, mit denen 293 Familien mit dem Lebensnotwendigsten versorgt wurden. Im Unterschied zu früheren Jahren und Extremereignissen war die Landwirtschaft insgesamt vor langfristigen Schäden jedoch wesentlich besser gefeit. Die Förderprogramme der vergangenen Jahre hatten die Menschen darin geschult, ihre Felder und Gärten resilienter zu machen, u.a. indem sie dafür Vorsorge trafen, dass Hochwasser schneller wieder abfließen kann.

Die Erfolge dieses ganzheitlichen Ansatzes gilt es nicht nur zu bewahren. Das Projektgebiet soll sukzessive ausgeweitet werden und mehr Dörfer einbeziehen. Die offiziellen Anträge für die Fortführung des Programms sind in der Vorbereitung, wobei das durchaus einige Zeit in Anspruch nehmen kann. Wir haben uns jedenfalls bereit erklärt, die PMD in diesem Sinne weiter zu unterstützen. In der Zwischenzeit wollen wir uns aber nicht zurücklehnen, sondern gezielt Projekte zur Verbesserung der Lebenssituation der Menschen unterstützen.
Ein zentraler Weg, Armut zu überwinden, ist schulische Bildung für Jungen und Mädchen. Auch darin hat sich in den vergangenen Jahrzehnten viel getan. In diesem Rahmen haben wir auch dieses Jahr wieder 5000 Euro für das Stipendiatenprogramm zur Förderung von 51 Studentinnen und 38 Studenten aus dem ländlichen Bereich überwiesen. Für die Schulkinder haben wir mit der Summe von 5250 Euro Schulrucksäcke finanziert. Als neues Projekt für das Jahr 2025 denken wir an den Bau von Toilettenanlagen an Schulen. Vielen Schulen fehlen eigene Toiletten; die Kinder sind daher darauf angewiesen, dass sie sich außerhalb des Schulgeländes einen Ort suchen, an dem sie ihr Bedürfnis erledigen können. Damit sind sie aber allerlei Risiken ausgesetzt, darunter mangelnder Hygiene und daraus resultierenden Erkrankungen.

Ein anderer Schwerpunkt ist für uns seit mehr als 25 Jahren die Unterstützung der St Anthony’s School in Cowdalli. Für das Schuljahr 2024/25 haben wir der Schule 15.000 Euro zur Verfügung gestellt. Auch wenn das längst nicht mehr reicht, um die jährlichen Kosten aufzufangen – denn auch dort steigen die Preise und die Lehrergehälter müssen entsprechend angepasst werden – so ist es doch ein wichtiger Posten im Schulhaushalt. So können zum Beispiel Ausfälle im Schulgeld kompensiert werden, so dass Jungen und Mädchen trotz fehlender Geldmittel weiterhin am Unterricht teilnehmen können. In der St Anthony’s School mit ihrem landessprachlichen Schwerpunkt (die Landessprache Karnatakas ist Kannada) werden zur Zeit 553 Schülerinnen und Schüler unterrichtet. In der Primary School verteilen sich 100 Jungen und 134 Mädchen auf die Klassenstufen 1-7. Die eigentliche High School mit den Klassen 8-10 besuchen insgesamt 149 Schülerinnen und Schüler (64 J, 85 M). Im PUC absolvieren 49 Studenten und 84 Studentinnen die beiden Vorbereitungsjahre für das eigentliche College in den Zweigen „Arts“ sowie „Commerce“. Auffällig ist der hohe Anteil an Mädchen, die insgesamt mehr als 60% der Schülerschaft stellen.

Aufmerksame Leserinnen und Leser der letzten Jahresberichte werden feststellen, dass die Schülerzahlen der St Anthony’s School sich seit Corona wieder deutlich erholt haben und auf einem guten Niveau befinden, aber nicht an vergangene Höchstzahlen von über 700 Schüler heranreichen. Das gleichzeitige Angebot eines englischsprachigen Zweigs, der wirtschaftlich unabhängig geführt wird, wird vor allem von Eltern aus aufstrebenden Schichten bevorzugt, die sich das höhere Schulgeld leisten können und wollen. Aber die guten Zahlen des Kannada-Zweiges zeigen, dass die Schule gerade für benachteiligte Familien und insbesondere Mädchen ein wichtiges Bildungsangebot sind und bleiben. Und gerade für diese sind die Zugänge zu modernen Medien leider keine Selbstverständlichkeit. Es ist daher umso wichtiger, dass die ländliche Schule eine Möglichkeit zum Erwerb von Medienkompetenz bietet. So erging an uns die Bitte, 15 Computer sowie 2 Beamer und einen Kopierer zu finanzieren.

Diese Bitte wurde an die Indienreisenden herangetragen, die im Herbst 2024 besonders eindrückliche Tage in Cowdalli erlebten. Wir sind immer wieder dankbar für die Möglichkeit, dass Schülerinnen und Schüler des AVG zusammen mit Lehrerinnen und Lehrern sich auf die Reise begeben, um vor Ort die Situation zu erfahren, die Projekte zu besuchen und Land und Leute kennenzulernen. Das ist ein wichtiger Bestandteil unserer Bildungsarbeit hier an unserer Unesco-Projektschule und es ermöglicht uns, über die Jahre einen genaueren Blick auf die Entwicklung der Projekte zu bekommen. Die Berichte der Schülerinnen und Schüler über ihre Erfahrungen können Sie auf der AVG-Homepage nachlesen. Wir möchten Sie aber auch herzlich zu den legendär gewordenen Indienabenden einladen, an denen Sie nicht nur an den Erfahrungen und Eindrücken der Indienreise in Bildern und Berichten der Reisenden teilhaben können, sondern auch die wunderbare Welt der indischen Gerichte und Gewürze erleben können. Das Programm wird jeweils am 8. und 9. März im Klosterbau des AVG präsentiert. Ausführlichere Informationen finden Sie auf der AVG-Homepage unter https://avg-trier.de/mitteilung/indienabende-am-avg-2/. Save the date!

Im Jahr 2025 finden wieder die Vorstandswahlen statt. Es werden sich einige personelle Veränderungen ergeben, da wir beide den Vorsitz abgeben. Obwohl oder gerade weil wir die Arbeit des Indienvereins als sinnstiftend für die Schule, aber auch uns selbst erleben durften, werden wir im bzw. ab dem Schuljahr 2025/26 nicht für den Vorsitz zur Verfügung stehen, weil wir nicht mehr am Schulalltag beteiligt sein werden. Für den einen ist es (nur) ein Sabbatjahr, für die andere der Eintritt in die Zeit nach dem Arbeitsleben. Allerdings heißt das nicht, dass wir dem Indienverein den Rücken kehren werden. Er ist eine Art Heimat für uns und alle, die die Sehnsucht nach der Ferne, das Interesse für Interkulturalität und das Engagement für eine globale Welt verbinden wollen. Wir möchten aus diesem Anlass auch alle Interessierte zur Arbeit im Vorstand einladen. Wir hoffen, dass sich alle angesprochen fühlen, die das Lernen über eine andere Kultur und die Vermittlung dieses Wissens fasziniert, die die nachhaltige Unterstützung unserer Projektpartner interessiert und/oder die Spaß haben an der Planung und Organisation von Schulaktionen und Schüleraktivitäten. Sprechen Sie uns an oder schreiben Sie uns: .

Dr. Hermann Anton
Edith Ehmer

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